Dienstag, 20. Dezember 2011

Stand back. Shooting. Rolling. Cut there. Thank you.

"But it was not your fault but mine
And it was your heart on the line..."
Ehrlich jetzt? Mein Wecker ertönt, ich drücke den Snooze-Knopf und dreh ich mich nochmal um in meinem Bett, das zu groß für mich alleine ist, in meinem eisig-kalten Zimmer in Irland. Draußen ist es dunkel. Möwenschreie, Mumford and Son versuchen wieder mich zum aufstehen zu bewegen. Snooze.
Auf einmal bin ich hellwach, es ist fünf vor sechs, es ist mein erster Tag als AD-Intern. Heizung an, Wasserkocher an, raus aus den Schlafsachen und ab in beinah alle Klamotten die ich besitze, um mich an diesem Tag nicht totzufrieren. Ich fühle mich bereits wie ein Michelinmännchen als ich die Wohnung verlasse, dabei war das erst der Anfang.
Um 7 Uhr stapfe ich in meinen Gummistiefeln los mit dem Ziel Nimmo's Pier, der Ort, an dem ich zwei Wochen zuvor zufällig in eine Film-Crew gelaufen bin. Dort ist ihre Basis und dort soll ich Sandra treffen, 3rd Assistant Director. Zuvor checke ich noch gefühlte zwanzig mal das Call Sheet, aus dem ich noch nicht so richtig schlau werde.




































"How are ya?"; "Hey - mornin, how are you?"; "Mornin."
Die verschiedensten Menschen laufen an mir vorbei und sind schon geschäftig, nehmen mich aber als Fremde war. Manche fragen wer ich bin; ich frage wo ich Sandra finden kann.
"Hol dir erstma nen Tee und Frühstück - ich bin gleich bei dir."
Catering jeden Tag, ich mag Filmsets schon jetzt, aus lauter Unwissenheit hatte ich schon gefrühstückt. Es ging los, ich traf Dave und Tanja, die AD Trainees, wurde verkabelt und kurz in die Walkies eingewiesen. Die Crew wurde in Busse gepackt und zum ersten Set des Tages kutschiert. So viele neue Gesichter, so viele Namen, so viele Fragen, so viele Eindrücke.
Und dann stand ich ich da auf diesem Polizeiparkplatz in Galway und eine ca 40-köpfige Crew wuselte um mich herum, verlegte Schienen für den Kameradolly. Echte Polizisten waren nicht von Statistpolizisten zu unterscheiden; meine erste Aufgabe war zuhören. AD's sind auf Kanal 1, wann immer Peter (1. AD über den ich die Adresse von Magma Films bekam) oder Stuart (Regisseur) etwas wollen, springen alle andern AD's. Jeder nennt sich beim Vornamen, so brachte ich auch Iain und nicht Mr. Glen einen Tee mit Milch. Iain Glen, ein ziemlich netter Mensch, auch wenn er manchmal grimmig aussieht, fragt mich gleich wer ich denn sei und nennt mich von diesem Tag an beim Vornamen. Ich fühl mich ein kleines Stückchen weniger unwichtig. Ansonsten laufe ich erstmal Dave hinterher, dem AD intern. Er assistiert Sandra der 3rd AD, das macht mich irgendwie zum Assistent des Assistent des 3rd Assistant, also dann der Triple-A 3rdD oder so?
Ein Assistant Director stellt sicher, dass am Set alles glatt läuft, dass der Regisseur nie den Ort des Geschehens verlassen muss, dass Schauspieler zur rechten Zeit am rechten Ort sind. Man hat zu wissen, wo die Mädels von der Maske für den Check sind, wo die Fahrer sind, die Locations, die Electricians und am allerwichtigsten, wo der Kaffee- und Teetisch ist... Ich weiß, dass Peter seinen Teebeutel nur dreimal kurz ins kochende Wasser getipt haben will; ohne Milch und Zucker und Stuart drinkt Kaffee mit Milch. Man steht in der Kälte und informiert die Crew, wann sie leise zu sein haben und wann sie reden und rumwerkeln können. "Stand back for rehearsal! Rehearsal! Cut Rehearsal! Shooting! Rolling, quiet please! Cut there thank you. Going again!..."
Es ist viel Warterei, aber man muss immer bereit sein und immer dem Walkie zuhören. Winterly showers, Hagel, Sturm, Prasselregen, Sonnenschein, alles war dabei; man ist fast immer draußen, 11 Stunden am Tag. Schnell kaufte ich mir wasserfeste Schuhe und eine Mütze die ich sonst in Sibirien angesiedelt hätte. Das Wetter in Galway ist zu keiner Zeit schlechter als im Dezember, von 10 auf 1 Grad herunter wanderte die Temperatur langsam von Tag zu Tag.

"Good Morning V! Your with camera today, if your ok with that?"
Die letzten drei Tage wechselte ich das Department, dabei wurde ich gerade besser als AD, verstand mehr von Peters Durchsagen und stand weniger nutzlos im Weg herum.
Nun wechselte das Programm völlig, PJ, der Kameramann, Philip, der den Fokus regelt, Carol, die die Klappe und die Objektive organisiert und Neill der Assistent, waren mein neues Team. Vier Trainees hatten sie in drei Wochen verloren, super Ausgangsposition. Kamera hält sich am Set am Wichtigsten, man hat weniger Pausen, der Umgangston ist rauer. Meine Aufgabe war es im Endeffekt Kabel zu rollen. Ich verband Phils, des Script-Supervisors und des Regisseurs Monitor mit der Kamera und musste fix wieder alles aufrollen, wenn die Kamera "On the move" war. Akkus holen und aufladen, irgendwas aus der Stand-by-Bag holen, Objektive holen. Ich möchte nicht wissen wie teuer alles war, was ich in der Hand hielt. Meine Füße hatten mir selten zuvor so weh getan, wie nach dem ersten Tag mit dem Kamerateam.
Sie schafften es jedenfalls nicht mich in den letzten drei Tagen am Set vom Praktikum abzubringen, der Rest der Crew war stolz auf sie ;) Mein letzter Tag war jedoch ziemlich hart, da ich am Abend zuvor ein paar Mitglieder der Crew im Pub traf und plante nach einem Guinness nach Hause zu gehen. Es wurde dann halb 3 mit viel Tanzerei und Aufstehen um 6...

Zwei Wochen an einem echten Filmset war eine der besten Erfahrungen die ich je gemacht habe. Ich vermisse das Catering jeden Tag :D und habe so viele nette Menschen kennengelernt und Kontakte geknüpft, die mir vielleicht in Zukunft mal nützlich sein könnten. Ich kann mir jedenfalls vorstellen in diesem Business zu arbeiten, eigentlich kann ich mir das nicht nur vorstellen, es wär echt megagut.

Hoffentlich gibt das einen kurzen Überblick was ich die letzten Wochen erlebt habe. Jetzt geht es erstmal zurück nach Deutschland. Mein Flieger geht morgen früh um sieben. Drückt die Daumen, dass mein Koffer nicht zu schwer ist, wenn doch sind eure Geschenke schuld ;)
Ich wünsche allen ein wunderschönes Weihnachten und erholsame Tage, sowie einen guten Start in das neue Jahr, indem die Welt hoffentlich nicht untergeht. Wenn doch, gehen wir da hin Maike, versprochen :P

Alles Liebe, Verena

1 Kommentar:

Patricia hat gesagt…

Wow - Ich muss sagen das hört sich an als wäre ein Traum von dir in erfüllung gegangen. Der Text ist mit so viel Herzblut geschrieben, dass klingt einfach toll! Ich hoffe, dass das ganze weiterhin so gut für dich läuft! Knutscha

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